Gefühle zu unterdrücken, zu vermeiden und gegen Gefühle anzukämpfen ist anstrengend. Es raubt uns Lebensfreude und Nähe in Beziehungen. Aber was ist die Alternative? Was ist eine hilfreiche Art und Weise mit Gefühlen umzugehen?
Grundsätzlich braucht es die Bereitschaft und die Erlaubnis für sich selbst, dass Gefühle da sein dürfen. Den eigenen Gefühlen erlauben, sich bemerkbar zu machen. Auch die unangenehmen, die wir nicht gerne spüren. Die uns aber dennoch wichtige Impulse liefern. Zu akzeptieren, dass Gefühle wichtig sind, dass sie zu uns gehören, unabhängig davon, ob wir die Gefühle mögen oder nicht. Ob sie sich gut anfühlen, ober schmerzhaft sind.
Wie sieht das praktisch aus?
Wenn Gefühle in bestimmten Situationen im Alltag auftauchen, ist es wichtig innezuhalten und zu bemerken, dass da ein Gefühl da ist. Hinzuspüren und innerlich hinzuschauen. Manchmal kann es sein, dass wir uns diffus und komisch fühlen. Nicht genau wissen, was eigentlich los ist. Da lohnt es sich, stille zu werden und in sich hineinspüren.
Was fühle ich gerade? Welches Gefühl ist da? Wie würde ich dieses Gefühl benennen? Welchen Titel kann es bekommen? Ist es Wut, Angst, Trauer oder Anspannung? Habe ich Angst, zu versagen, nicht gut genug zu sein? Bin ich wütend, weil meine Bedürfnisse nicht gesehen wurden? Es ist wichtig, eine Beschreibung zu finden, die wertfrei ist. Eine Beschreibung dessen, was in dem Moment in einem vorgeht. Und diesem Gefühl dann erlauben, da zu sein, zu kommen und zu gehen. Anzuerkennen, dass es einen Sinn, einen Nutzen, eine Legitimation und einen Auslöser gegeben hat, warum dieses Gefühl da ist.
Warum ist es so wichtig, die Gefühle zu spüren und zu benennen?
Wenn wir etwas benennen können, verliert es meistens seine überwältigende Kraft. Es wird klarer, konkreter, greifbarer. Es wird handle barer. Es gibt den passenden englischen Spruch, „Name it to tame it!“ Was bedeutet, benenne es, um es zu besänftigen.
Und so geschieht es auch mit den Gefühlen. Wenn wir benennen können, „ich bin traurig und verletzt, weil ich mich durch die Bemerkung des anderen zurückgewiesen fühle. Und dieses Gefühl erinnert mich daran, wie es war, damals in der Schule zurückgewiesen worden zu sein.“ Dann wird es leichter, weil realisiert werden kann, „ich bin heute im Hier und Jetzt und nicht das Kind in der Schule.“ Das schmälert nicht die Gefühle von Traurigkeit und Verletzung, aber es macht sie bewältigbar.
Wenn die Gefühle dann einen Namen bekommen haben, dürfen wir sie Jesus konkret und spezifisch mitteilen. Er ist nicht überwältigt, irritiert oder(abwertend) von unseren Gefühlen. Er kennt sie ja schon.
Die Gefühle Jesus mitteilen, ist eine Ergänzung zum Benenne. Wir teilen uns mit, fühlen uns gehört und wissen, wir sind mit den schwierigen Gefühlen nicht allein
Der nächste Schritt im hilfreichen Umgang mit Gefühlen ist nun, nachzuspüren, welcher Handlungsimpuls das Gefühl mit sich gebracht hat. Sich zu fragen, „Welchen Handlungsimpuls habe ich und möchte ich diesem Handlungsimpuls nachgehen?“
Wir Menschen sind in der Lage, Wut zu spüren, zu benennen, sie in unserem Körper wahrzunehmen. Anzuerkennen, dass eine eigene persönliche Grenze überschritten wurde und wir verletzt wurden. Dennoch müssen wir nicht zwangsläufig, unserem Gegenüber, welches dieses Grenzen von uns verletzt hat, beschimpfen oder gar körperlich angehen. Wir können uns entscheiden, wie wir in der Situation reagieren möchten.
Worauf will ich meine Aufmerksamkeit richten? Möchte ich dem Gefühl und dem damit zusammenhangenden Handlungsimpulse nachgehen? Ist er hilfreich für mich, für mein Ziel, so wie ich leben möchte? Oder nicht? Wir dürfen uns auch ganz bewusst gegen einen Handlungsimpuls entscheiden, wenn er für uns persönlich nicht hilfreich ist. „Feelings are good servants, but terrible masters!“ Was so viel bedeutetet wie, „Gefühle bieten eine wunderbare Hilfestellung, sind aber katastrophal, wenn wir ihnen die blinde Führung überlassen!“
Manchmal kann es auch sehr hilfreich sein, sich bewusst anderen Handlungsimpulsen zuzuwenden. Zum Beispiel in Traurigkeit, sich selbst was Gutes, wohlwollendes tun oder sagen, sich eine Pause gönnen, in heraus Forderungen oder Überförderung…
Was sagt die Bibel zum hilfreichen Umgang mit Gefühlen
Auch in der Bibel finden wir diese Impulse und Anregungen zu einem hilfreichen Umgang mit Gefühlen. Wir finden verschiedene Bibelstellen, die beschreiben, dass Gefühle da sind und da sein dürfen. Wie zum Beispiel Trauer, Freude, Zorn und aufgebracht sein, …
Es ist jedoch wichtig und hilfreich, sich von den Gefühlen nicht mitreißen, überwältigen und außer Kontrolle bringen zu lassen. Sich von ihnen beherrschen zu lassen, die Selbstregulierung und die Fassung zu verlieren.
Davon sprechen die Verse
1. Kor. 7:30, Hiob 15:12, Sprüche 16:32 und Sprüche 29:11.
Der hilfreiche Umgang mit Gefühlen kurz zusammengefasst
- Gefühle erlauben und akzeptieren
- Sie wahrnehmen
- Gefühle benennen, sich selbst gegenüber und bei Bedarf im Gebet
- Handlungsimpuls wahrnehmen und identifizieren
- Entscheiden, ob dem Impuls nachgegangen werden möchte, die Aufmerksamkeit ganz konkret auf etwas anderes gerichtet wird oder bewusst eine andere Handlung ausgeführt werden soll.
Sich Gefühlen neu zu widmen kann herausfordernd sein. Eine Begleitung in Form einer psychologischen Beratung oder Therapie kann da sehr hilfreich sein. Eine professionelle Begleitung ist vor Allem dann erforderlich, wenn es um herausfordernde und schwierige Gefühle geht, die in Verbindung mit traumatischen Erlebnissen stehen.